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Mumpfer Sagen und Geschichten

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Der Stichhund
In alter Zeit führte der Weg von Stein nach Mumpf hoch dem Hang entlang über den Steiner Stich. Von dieser steilen Anhöhe zog sich der Weg gleichmässig abfallend nach Mumpf hinunter. Bei der Banngrenze befand sich am Waldrand ein Wegkreuz. Bei diesem Kreuz hat einst ein Gespenst, der Stichhund, sein Unwesen getrieben. Mit seinen feurigen Augen erschreckte er die Wanderer, welche dort zu mitternächtlicher Stunde vorbeikamen.

Es lebte zu jener Zeit in Stein jedoch ein Mann, der die Existenz des Stichhundes in Abrede stellte und jeden auslachte, der das Untier gesehen haben wollte.
Eines Nachts musste dieser Mann dringend nach Mumpf gehen, um die Hebamme zu rufen. Als er nach einiger Zeit schreckensbleich zurückkam, wollte ihn anfänglich niemand mehr erkennen, denn seine Haare waren in der kurzen Zeitspanne schneeweiss geworden. Der Stichhund war ihm begegnet. Bald darauf wurden Kapuzinermönche, von denen man wusste, dass sie über geheime Kräfte verfügten, gebeten, den Stichhund zu bannen. Seit jener Zeit wurde der Stichhund nie mehr gesehen.

Der Huebstein und das Hemd der Königin Maria Theresia
Das Gebiet oberhalb der Kirche am Rhein trug die Bezeichnung Hueb. Der Name stammte von einem grossen Felsen, der aus dem Rheinwasser heraus ragte. Er wurde Huebstein genannt, wohl darum, weil er den Flössern Auskunft über die Höhe des Wasserstandes gab. Und der Stein barg ein Geheimnis: Unter ihm lag nämlich das Hemd der Kaiserin Maria Theresia! Der Stein wurde dann allerdings von den Fischern als Hindernis empfunden und um 1900 gesprengt. Dabei muss das kaiserliche Hemd vom Wasser weggespült worden sein! Und niemand weiss, wohin!
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Wie der Kochlöffel zu seinem Namen kam
Im 17. Jahrhundert herrschten im Fricktal schlimme Zeiten. Schwedische Soldaten zogen auch gegen unser Dorf. Sie hatten vor, die Häuser zu plündern und dann zu zerstören. Da flohen die Mumpfer in den Wald ober- halb des Dorfes und fanden dort Schutz unter den mächtigen Bäumen. Zum Essen hatten sie in riesigen Kochkesseln Hirsebrei aufgekocht und ihn daraus gelöffelt. Seither trägt der Wald oberhalb des Berghofs den Namen Kochlöffel.

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Mährenstall
Oberhalb des Kochlöffels treffen wir auf den Flurnamen Mährenstall. Als sich die Mumpfer zur Zeit des dreissigjährigen Krieges im Kochlöffel aufhielten, trieben sie ihr Vieh etwas weiter oben in eine Waldlichtung ganz in der Nähe der Quelle vom Kapfbächli. Dort versteckten sie ihre Kühe und ihre schwergewichtigen Pferde, eben die Mähren. Längere Zeit hatten sich Menschen und Tiere hier zu ihrem Schutz aufgehalten. Viele Jahre später fanden Waldarbeiter an dieser Stelle Hufeisen, die an den Schutzort für Menschen und Tiere erinnern.

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Die Sage von den Zwergen im Stutzeloch
Schon immer lebten im weiten Mumpfer Buchwald flinke Zwerge, die Buchwaldzwerge. Jeden Frühling verteilen sie auf dem Waldboden alle Buchnüsse, die von den Buchfinken während des Winters nicht gefressen worden sind. Daraus wachsen wieder viele neue Buchenbäumchen! Im Sommer wohnen die Zwerge im Chochlöffel, wo unter all den hohen Bäumen viele feine Kräuter wachsen: Farn, Schlüsselblumen, Bärlauch, Brombeeren, Hirschzungen und Katzenwedel. Die Blätter dieser Kräuter legen sie als Vorrat an, um im Winter nicht hungern müssen. Vor der ersten kalten Herbstnacht ziehen sie damit in ihre Höhle. Die Menschen haben ihr den Namen Stutzeloch gegeben.

Nun beginnen die Zwerge viel Laub zu sammeln und decken damit den Eingang zur Höhle zu, um im kalten Winter nicht frieren müssen. Wenn es dann richtig kalt wird und der Schnee liegt, können wir den Zwergen ganz nahe sein. Wir gehen leise zum Eingang. Und was sehen wir da! Warmer Dampf steigt aus der Höhle! Und so wissen wir, dass unsere Zwerge im Winter nicht hungern müssen. Denn der Dampf stammt von der Kräutersuppe, die sie sich im Stutzeloch gerade jetzt zubereiten!
Nie sind diese Zwerge entdeckt worden. Die Menschen sehen nur die vielen jungen Bäumchen im Wald. Sie sagen dann zueinander: Seht, wie die Zwerge wieder fleissig gewesen sind!

Chalofe
Auf dem ebenen Platz bei der „Chalofewand“ befanden sich zwei Feuerstellen: Der Kohlplatz und der Chalofe. Der Chalofe war eine Feuerstelle, wo aus Kalk Gips gebrannt wurde.
Aus der Chalofewand wurden die Kalksteine abgebaut und zerkleinert. Dann warf man die Kalksteine in eine Erdgrube oder in einen Meiler, wo sich bereits die glühenden Holzkohlen befanden. Bei einer Hitze von 900 Grad verwandelte sich der Kalkstein in Branntkalk. Diesen Branntkalk verarbeitete man mit Wasser zu Kalkfarbe, Kalkmörtel oder Baukalk.
Der Kohlplatz diente der Herstellung von Holzkohle. Ein Holzhaufen wurde mit Erde, Gras und Moos luftdicht bedeckt. In der Mitte des Kegels befand sich ein Schacht, der vom Köhler in Brand gesetzt wurde. Das Holz verbrannte dabei nicht, es „vergarte“. Es musste rechtzeitig mit Wasser abgelöscht werden. So entstand die Holzkohle, die im Chalofe zum Brennen der Kalksteine benötigt wurden.

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Der Findling vom Gotthard
Im Gebiet des oberen Spitzgrabens, am Findlingsweg, liegt ein besonderer Felsbrocken. Er stammt nicht aus unserer Jura-Gegend wie die anderen Steine, sondern aus der Innerschweiz. Er wurde durch die Gletscher der letzten Eiszeit hierher geschoben.

Wie der Name Orgelhölzli entstanden ist
In alten Zeiten wollten die Zeininger für ihre Kirche eine neue Orgel anschaffen. Doch als sie in der Gemeindekasse nachzählten, merkten sie, dass sie zu wenig Geld zur Verfügung hatten. Da klopften sie in Mumpf an. Das Dorf war reich geworden durch seine Fischer, Flösser, Schiffer, Fährleute und Herbergen. Schon bald darauf erhielten die Zeininger das benötigte Geld, um damit die Orgel zu kaufen. Die Zeininger konnten jedoch das Darlehen nicht zurückzahlen. Sie schenkten daher den Mumpfern den Tannenwald zwischen dem Spitzgraben und der heutigen Grenze. Seither heisst diese Gegend Orgelhölzli.

Der Schlagbaum gegen die Autoraser
Sie waren berühmt in der ganzen Schweiz, die beiden Schlagbäume von Mumpf, der eine vor dem Gasthaus Glocke, der andere oberhald des Säckingerhofs. Die Aktion fand auf Verordnung des Gemeinderats von Mumpf statt. Die Zeitungen berichtete davon.

„Die Aargauer Gemeinde Mumpf installierte 1907 eine Schranke, die von jedem Bürger heruntergelassen werden konnte, der einen „Raser“ oder „Kilometerfresser“ zum Anhalten bewegen wollte. Das sich kolonisiert fühlende Mumpf lag an dem Weg, den süddeutsche Ferienreisende wählten, um möglichst schnell an die Gestade des Vierwaldstättersees oder ins Berner Oberland zu gelangen.“
(Aus: „Der holprige Siegeszug des Automobils“, Buch von Ch.M. Merki)

„In Mumpf etwa stellten die Anwohner den Autofahrern im Jahr 1907 Schlagbäume in den Weg, sogenannte Autofallen, um ihr Tempo zu drosseln.“
(Neue Zürcher Zeitung)

„Im Schweizer Dörfchen Mumpf wurden schon 1908 erste Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt. Ein- und ausgangs des Dorfes gab es Schlagbäume (Schranken), in den Büschen dazwischen versteckte Tempo-Wächter. Erschien ein Auto in den Augen des Gesetzes zu schnell, ging der Schlagbaum runter- und der Fahrer musste eine Busse zahlen!“

„Die Verordnung des Gemeinderats von Mumpf sah die Errichtung von Schlagbäumen vor, die jedermann hätte schliessen dürfen und wobei es ihm erlaubt gewesen wäre, von dem angehaltenen Automobilisten Geld zu erheben. Ein Abonnent stellt uns das nebenstehende Bild zu; wir sind somit in der Lage, unsern Lesern einen dieser berüchtigten Schlagbäume zu zeigen. Diese mittelalterliche Einrichtung wird übrigens bald verschwinden, da die kant. Behörde die Verordnung bereits aufgehoben hat.“
(Automobil-Revue, Nr. 5, 13. März 1909)
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Übrigens: 47 aargauische Gemeinden schlossen sich der Aktion des Mumpfer Gemeinderates gegen die Raser und Kilometerfresser an!!

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Der Fischer und sein Salm
Auf Steiner Boden steht heute noch ein Galgen, eine Salmenwaage, also ein Baumstamm mit einem Netz dran. Auch ein Hüttchen war über dem Wasser, mit einem Bett, einem Stuhl und einem Ofen. So konnte der Fischer aus der Dynastie Güntert auch nachts auf seinen Fang warten. Schwamm ein Salm in sein Netz, wurde der Fischer durch ein Glöcklein alarmiert. Er stemmte dann den Galgen mit dem Netz nach oben, ergriff den Fisch und tötete ihn. Ein solcher Fang wog gut bis zwölf Kilogramm. Er hing dann die Fische so über die Schultern, dass die einen nach vorne, die andern nach hinten herunterbaumelten. Oft waren die Salme derart gross, dass ihre Flossen dabei den Strassenboden berührt haben. Güntert benützte die Landstrasse für seinen Heimweg, damit alle Leute seine Ausbeute sehen konnten. Hatte er einmal keinen Fang getan, wählte er den Fussweg dem Rhein entlang ins Dorf zurück, wo er dann dem Gespött der Mumpfer Jugend ausgesetzt war.

Der Fischer und sein Traum
Besonders zur Zeit der Lachsfischerei waren die Männer oft übernächtigt. Es geschah in einer Frühmesse. Ein Fischer war während der Predigt eingeschlafen. Der Schlaf muss tief muss gewesen sein, schlug er doch plötzlich mit dem Kopf gegen die Bankkante vor ihm. Er schreckte auf, schlug mit der Faust auf das Holz und schrie: Es hett en! – Es hat ihn! Gemeint war der Lachs, von dem er wohl geträumt haben muss, er sei im Netz gefangen.


Quellen:
- Überlieferungen
- Fricktaler Volksleben, Paul Hugger, 1977
- Fotoarchiv Dorfmuseum

Autor:
Gerhard Trottmann